Neues aus der Selbsthilfegruppe

Am Morgen nach der Entscheidung der SPD das System Althaus politisch weiter leben zu lassen, bin ich ab 7 Uhr durchgängig mit Medienanfragen beschäftigt. So gebe ich zunächst von zu Hause aus permanent Radio-Interviews, bis ich dann doch dazu komme, mich auf den Weg in den Landtag zu machen, wo mich N24 schon erwartet und Fernsehteams von den ARD-Tagesthemen und dem ZDF kurzfristig dazu kommen. Entsprechend gibt es gleich vor dem Landtag eine erste improvisierte Pressekonferenz.

Zwischendurch lese ich einige Medienberichte und muss feststellen, dass Christoph Matschie nun versucht seine Entscheidung zu verteidigen, indem er über mich lästert. Wenn ihm diese Polemik hilft, den Ärger über die Kritik aus den eigenen Reihen zu verarbeiten, dann soll er eben von der „Selbsthilfegruppe Bodo Ramelow“ reden. Nicht akzeptabel sind aber falsche Darstellungen über den inhaltlichen Verlauf der Sondierungsgespräche. Deshalb laden wir kurzfristig noch zu einer offiziellen Pressekonferenz ein, bei der wir erklären können, an welcher Frage die Verhandlungen letztlich gestockt haben.

Die entscheidende Frage war eben nicht, ob jemand aus den Reihen der SPD Ministerpräsident werden kann. Trotz des eindeutigen Wahlergebnisses waren wir im Sinne eines echten Politikwechsels bereit, so weit auf die Sozialdemokraten zuzugehen. Was wir nicht unterschreiben konnten und können, ist der Satz: „Die SPD führt die Koalition.“ Hier trafen fundamentale Unterschiede im Politikverständnis aufeinander, denn für die Grünen und für unsere Partei war klar, dass wir nur auf Augenhöhe miteinander regieren können und auch nur gemeinsam einen Personalvorschlag machen können. Wenn wir schon dafür in Haftung genommen werden sollen, dass es nun eine schwarz-rosa Koalition geben wird, dann müssen wenigstens die Fakten stimmen. Andererseits lässt der Punkt, dass die vier Mitglieder der SPD-Sondierungsgruppe offensichtlich schon Ministerposten zugeteilt bekommen haben, schwer daran zweifeln, dass die Gespräche mit den Grünen und uns je das ernsthafte Ziel einer reformorientierten Landesregierung hatten.

Inhaltlich kündigt die neue Koalition bisher nur Luftblasen an. Statt eines Mindestlohns gibt es einen Aufruf zur Tariftreue, statt kostenloser Schulspeisung soll nur für Kinder, die ihre Bedürftigkeit (mittels Hartz-IV-Bescheid der Eltern?) nachweisen eine Lösung gefunden werden und anstatt längerem gemeinsamen Lernen gibt es ein paar neue Modellprojekte. Das ist also der versprochene „Politikwechsel“. Die CDU freut sich zu Recht, denn in vielen Ministerien müssen die Aktenvernichter nun doch nicht angeschmissen werden. Dank Christoph Matschie wird das System Althaus weitergeführt.