Demokratie pflegen

Die Einheit hat Geburtstag und ich wünsche ihr für ihr weiteres Wachsen mehr Demokratie. Vor 20 Jahren sind mutige Menschen gegen die Diktatur auf die Straße gegangen, weil ihnen die Demokratie am Herzen lag. Heute haben wir eine gut funktionierende parlamentarische Demokratie, aber ich denke: Besser geht immer. Wir brauchen auch direktdemokratische Elemente, die zwischen den Wahlen die Möglichkeit zur Mitbestimmung geben. Wir brauchen mehr Transparenz politischen Handelns, damit sich Akzeptanz stärker entwickeln kann. Und wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern besser zuhören und ihre Entscheidungen ernst nehmen. Das heißt, was vor der Wahl versprochen wird, muss danach auch umgesetzt werden. Das heißt auch, dass man die Menschen nicht so oft abstimmen lässt, bis das Ergebnis stimmt – wie in Irland in der Frage des Lissabon-Vertrages geschehen. Diese Methode ist kein pfleglicher Umgang mit der Demokratie.

Heute ist nicht nur Tag der Deutschen Einheit, sondern jährlich ist am 3. Oktober auch Tag der offenen Moschee. Da ich bis vor wenigen Wochen für die Religionspolitik unserer Bundestagsfraktion zuständig war, ist mir wichtig, auch auf diesem Feld für ein offeneres Miteinander zu werben. Integration erfordert von beiden Seiten aufeinander zuzugehen. Der Tag der offenen Moschee ist eine gute Gelegenheit dazu, denn er gibt die Möglichkeit sich über den Islam zu informieren und damit Vorurteile abzubauen.

Dank meines Rock’n’Roll-Tagebuches kann ich auch gleich Stellung nehmen zur spektakulären Meldung, dass ich für eine Änderung unserer Afghanistan-Politik wäre. Ich wundere mich immer wieder, was Medien aus bestimmten Äußerungen machen. Dabei ist es mir durchaus ernst, mit dem was ich eben geschrieben habe: Was vor der Wahl versprochen wird, muss danach auch umgesetzt werden. An unserer Forderung „Bundeswehr raus aus Afghanistan“ gibt es nichts zu rütteln. Ich habe in dem betreffenden Interview nur gesagt, dass der Abzug nicht fluchtartig, sondern geordnet erfolgen soll. Denn – auch das stand schon auf unseren Wahlplakaten – gleichzeitig muss die zivile Option gestärkt werden. Im konkreten Fall heißt das, dass der afghanischen Bevölkerung auch die Mittel zugestanden werden müssen, mit denen sie Frieden in ihrem Land aufbauen kann. Trotzdem sollte der Abzug sofort beginnen, denn jeder Tag, an dem nicht am Abzug gearbeitet wird, ist eine sinnlose Fortsetzung dieses schrecklichen Krieges.

Noch ein letztes Wort zur Schwarz-Rosa-Regierungsbildung: Da die Wahrnehmung der Sondierung bekanntlich sehr unterschiedlich ist, nehmen wir die Anregung, die auch hier in Tagebuchkommentaren gemacht wurde, gerne auf und werden in der neuen Woche alle Protokolle der Sondierungsgespräche noch einmal aufarbeiten. Wenn möglich – aber da will ich noch nicht zu viel versprechen – werden sie dann auch hier veröffentlicht.