Acht Stunden im Zug

Hab ich nicht grade vor ein paar Tagen hier geschrieben, dass es bald noch wildere Behauptungen geben wird, was wir in den Sondierungsgesprächen alles gefordert hätten. Da ich heute während zwei langer Zugfahrten viel Zeit zum Zeitunglesen habe, sehe ich auch den neuen Knaller, der dieses Mal in der „Frankfurter Rundschau“ steht. Da heißt es gleich in der Überschrift eines Matschie-Interviews „Linke wollte SPD erpressen“. Es ist schon seltsam, wie die Beurteilung der Verhandlungen im Nachhinein immer absurder wird. Dabei frage ich mich, wozu Christoph Matschie und ich überhaupt ernsthaft über das Ministerpräsidentenamt gesprochen haben. Ich will hier nicht alles wiederholen, was ich schon mehrfach über die Verhandlungen geschrieben habe, aber von mangelndem Vertrauen oder gar Vertrauensbruch war in den Gesprächen jedenfalls nicht die Rede. Warum sagt Herr Matschie nicht einfach, dass er mit Frau Lieberknecht besser kann und gut. Er muss sich doch nicht immer neue Überhöhungen ausdenken, wie schlimm die Gespräche mit uns waren. Übrigens wird in der heutigen TA Herr Augsten von Bündnis 90/ Die Grünen mit den Worten zitiert „ich springe der Linken selten bei, aber bei der Wahrheit sollte Herr Matschie bleiben“ – auch eine klare Aussage.

Die langen Zugfahrten führten mich übrigens von Erfurt nach Köln und wieder zurück, denn in der Stadt am Rhein wurde am Nachmittag die Sendung „Menschen bei Maischberger“ aufgezeichnet, zu der ich eingeladen war. Es war eine sehr interessante Runde, unter anderem mit Senta Berger, die in ihrem neuen Film die Geschichte um den Mannesmann-Vodafone-Skandal aufarbeitet. Wir sprechen über Unternehmensethik im Allgemeinen und Kündigungsschutz im Besonderen. Der neuen Regierungskoalition ist offensichtlich nicht klar, was es alleine schon psychologisch für ältere Arbeitnehmer bedeutet, wenn öffentlich über eine Lockerung des Kündigungsschutzes diskutiert wird. Wer befürchtet, bei einem Arbeitsplatzverlust nie wieder eine neue Anstellung zu finden, für den bedeutet ein weiteres Aufweichen des Kündigungsschutzes nur noch größere Angst vor dem Verlust der Arbeit.