Zwischen Schreibtisch und Wahlkampfbühne
Den Vormittag verbringe ich damit, mir Gedanken über ein Papier zum Umgang mit der DDR-Vergangenheit zu machen. Die Frage ist, wie man die Aufarbeitung als dialogischen Prozess angehen kann, damit die Weichen in Richtung Versöhnung gestellt werden. Meine Überlegungen dazu sind noch längst nicht abgeschlossen und ich will sie auch nicht alleine abschließen. Wir werden weiter darüber diskutieren müssen.
Dann fahre ich in die Landesgeschäftsstelle, wo ich einiges an Post zu bearbeiten habe und außerdem mehrere Interviews gegenlese. Für das Wahlwochenende wollen mehrere Zeitungen und Zeitschriften Statements von mir, da ist von Fragen zu den Sondierungsgesprächen bis Erkundigungen nach dem Lieblingsspielzeug von Attila alles dabei. Als ich das geschafft habe, fahre ich schnell nach Weimar, wo wir mit einer großen Kundgebung unseren Bundestagswahlkampf abschließen. Leider regnet es ein bisschen, aber die Musik, die bunte Unterhaltung und nicht zuletzt unsere Kandidatinnen und Kandidaten sorgen trotzdem für gute Stimmung. Meine eigene Stimmung war nur kurzzeitig in Gefahr, als mir der für die Unterhaltung zuständige Fakir eine 35 Kilo schwere Python auf die Schultern legte. Während sie mich aus nächster Nähe anschaute und sich immer mehr um mich wickelte, dachte ich mir, dass mir mein kleines Hündchen doch bedeutend lieber ist.
In meiner Abschlussrede mache ich noch einmal deutlich, dass eine Landesregierung mit unserer Beteiligung keine Mehrwertsteuererhöhung mit tragen wird und auch jede Stimme für Die Linke zur Bundestagswahl das Land ein bisschen sozialer macht. Was wir dringend brauchen, sind Investitionen in Bildung. So lässt sich Zukunft gestalten.
Unser Landtagsabgeordneter Thomas Hartung nimmt mich dann noch mit zu einer Ausstellungseröffnung des Lebenshilfe-Werkes Weimar/ Apolda. In der Ausstellung geht es um Kindereuthanasie in der Zeit des Nationalsozialismus und die Unfähigkeit der politisch Verantwortlichen in der DDR, diese furchtbaren Verbrechen aufzuarbeiten. Obwohl das Ministerium für Staatssicherheit beispielsweise in Stadtroda alle Fakten kannte, wurden sie nicht zur Auseinandersetzung mit der Geschichte verwendet sondern geheim behandelt. Das ist schon deshalb schlimm, weil die Einteilung in wertvolles und „unwertes“ Leben zu den grausamsten Schandtaten der Nazis gehört und nicht verschwiegen werden darf. Die Frage, warum das in der DDR nicht thematisiert wurde, stellt sich und bringt mich zu meinen Überlegungen von heute Morgen. Wenn wir Versöhnung wollen, brauchen wir einen dialogischen Aufarbeitungsprozess.