Berlusconisierung aus Verzweiflung

Der Wahlkampf der CDU nimmt immer groteskere Züge an. Zur Totalverweigerung des Noch-MP gegenüber jeglicher direkter Auseinandersetzung und der „Guter Wessi – böser Wessi“-Kampagne kommt nun die Belusconisierung Thüringens kostenlos in alle Haushalte. Ganz plötzlich gibt es anderthalb Wochen vor der Landtagswahl ein Hochglanzmagagzin zum Internetportal tollesthüringen.de. Das Blättchen beinhaltet u. a. sechs Seiten Homestory mit Katharina Althaus, wo sie noch einmal ausführlich ihre Sicht auf den Ski-Unfall ihres Mannes darstellen kann. Wie unangemessen dieses Verhalten ist, hat inzwischen auch der Witwer der tragischerweise bei dem Unfall ums Leben gekommenen Frau zum Ausdruck gebracht. Für tollesthüringen.de aber scheint es zum guten Journalismus zu gehören, das Thema ausführlichst zu behandeln – ebenso wie die umfängliche Vorstellung von CDU-Landtagskandidaten, die aber nicht als Kandidaten sondern einfach als „tolle Thüringer“ präsentiert werden. Schließlich gibt es auch einen „Parteiencheck“, der von Prof. Dr. Wolfgang Stock analysiert wird. Stock ist zufällig auch Geschäftsführer des Althaus-Vereins „Pro Bürgergeld“. Die mit zwei Seiten größte Werbeanzeige im Heft kommt übrigens von Lotto Thüringen, der landeseigenen Lotto-Gesellschaft. Irgendwie muss so was ja finanziert werden und wenn die Parteikasse leer ist, scheut die CDU anscheinend nicht davor zurück, Staatsgelder für die Wahlwerbung zu verwenden. Das alles erinnert schon sehr an die Machenschaften des italienischen Regierungschefs Berlusconi, der in Italien einfach einen Großteil der privaten Fernsehanstalten aufgekauft hat und die Berichterstattung entsprechend beeinflusst.
Mir scheint diese Maßnahme der Thüringer CDU ein neuerlicher Verzweiflungsakt zu sein, der angesichts der neuen Umfragezahlen nur noch in seiner Dreistigkeit überrascht.

Neben dem Wundern über die Deutlichkeit, mit der die CDU ihre Verzweiflung nach außen trägt, hat den heutigen Tag vor allem die Begegnung mit den Jugendlichen geprägt, die heute Vormittag zu „Jugend debattiert“ in den Landtag gekommen waren. Wie kompetent die jungen Menschen über politische Prozesse sprechen, hat mich wirklich stark beeindruckt. Ein Mädchen fasste beispielsweise die Problematik der Schuldenbremse in einer so klaren und verständlichen Weise zusammen, wie ich es von noch keinem Politiker gehört habe. Toll! Danach ging es – wieder ohne Hubschrauber – an vielen Baustellen vorbei nach Leinefelde zum Wahlmobil, wohin trotz der Hitze auch wieder sehr viele interessierte Bürgerinnen und Bürger kamen. Am späten Nachmittag dann zurück nach Erfurt, um an einer Podiumsdiskussion über die Zukunft der Familienpolitik teilzunehmen. Es ist das übliche Bild: Alle Spitzenkandidaten sind da – nur einer lässt sich wieder vertreten. Auf dem Podium steht es schnell vier zu eins, denn selbst Uwe Barth macht deutlich, dass die Leistungen der Landesregierung auf diesem Gebiet nicht nur mangelhaft sondern völlig ungenügend sind.

Am Abend dann die neuesten Umfragezahlen in den ARD-Tagesthemen, laut der sich die Mehrheit für eine mögliche rot-rot-grüne Landesregierung stabilisiert. Große Sorgen machen mir aber die Werte der NPD. Sie liegt bei momentan bei vier Prozent, ihr Potential ist aber noch größer, denn 3 Prozent wollen die Rechtsextremen ganz sicher wählen, 5 Prozent werden es vielleicht tun. Deshalb müssen am 30. August so viele Menschen wie möglich an die Wahlurne gehen, um einen Einzug der Nazis in den Landtag zu verhindern.