Jenaer Weltrekord
Zunächst noch ein Nachtrag zu gestern: Der ohnehin interessante Tag wurde mit einem schönen Abend gekrönt. Wladimir Kaminer beehrte uns im Stadtgarten mit einer hinreißenden Performance, die sich aus Lesung, Geschichtenerzählung und Kabarett zusammensetzte. Entsprechend begeistert waren die rund 500 Zuschauerinnen und Zuschauer, die in dem literaturlesungsverwöhnten Erfurt voll auf ihre Kosten kamen. Neben Ausschnitten aus seinem neuesten Buch „Es gab keinen Sex im Sozialismus“ bekamen wir Kostproben seines derzeit in Arbeit befindlichen Projektes „Deutschland ist in Ordnung“, das mit einem schelmischen Blick von außen typisch deutsche Tugenden mit dem Blick des Eingewanderten beleuchtet. Es tut gut, nicht alles immer so bierernst zu nehmen und über sich selbst lachen zu dürfen. Und auch ein Schriftsteller kann politische Botschaften transportieren, wenn er einen kritischen Blick auf die Welt hat.
Eine Kostprobe aus seinem Buch:
„Wir haben verstanden, dass ein Ortswechsel nicht zwangsläufig Glück bringt. Es gibt nur eine Welt, nur einen Globus, und wo wir auch hingehen, sind wir dazu verdammt, außer unserem Gepäck auch noch uns selbst überall mit hinzuschleppen, mit allen Ängsten, Macken und Gefühlslagen. Da bringt ein Ortswechsel wirklich nicht viel. Besser wird es, wenn man ein wenig über sich selbst hinauswächst. Wenn man aufhört, sich nur für sich selbst zu interessieren und die Augen und Ohren freimacht für das Fremde um uns herum. Das Andere, das tausendmal spannender, geheimnisvoller, abenteuerlicher und unterhaltsamer ist als das Eigene.“
Heute stand dann tatsächlich ein Weltrekordversuch in meinem Kalender. Von der mir wohl bekannten Brehm-Schule ausgehend, sollte in Jena das „größte Mathebuch der Welt“ entstehen – als kilometerlanges Kreidebild auf der Stadtrodaer Straße. Da habe ich natürlich gern zugesagt. So bekam ich heute früh ein zwei Quadtratmeter großes Feld zugewiesen, dass ich nach Belieben bemalen durfte. Aus aktuellem Anlass habe ich mich dafür entschieden, dass Mathe-Thema mit den Zahlen 7 und 6 umzusetzen, um so darauf zu verweisen, dass am 7. Juni Wahl ist und alle hingehen sollen, um Nazis keine Chance zu geben.
Am Nachmittag stand dann fest, dass der Weltrekord gelungen ist: Mit 11 200 Quadratmeter wird Jena künftig unter dem Punkt „Größte Kreidezeichnung der Welt“ im Guiness-Buch der Rekorde stehen. Herzlichen Glückwunsch!
Zu Hause erlebe ich schließlich noch eine ordentliche Überraschung. Als ich mich gerade für ein paar Minuten auf den Balkon setzen will, fliegt der Hubschrauber von Präsident Obama direkt über unser Haus. Damit kann ich quasi behaupten ihn persönlich gesehen zu haben ;-).