Rosa’s Leiche, Schulden und der Kriegsverrat

Was für ein Tag. Am frühen morgen breche ich auf, um am Gebetsfrühstück im Bundestag teilzunehmen. Diese Institution existiert nun schon über 30 Jahre beim Parlament und ist für mich ein wichtiges und gutes Treffen, immer vor dem Stress des letzten Parlamentstages. Heute morgen wünscht man mir für die Zukunft alles Gute, da sich herumgesprochen hatte, das ich heute meine letzte Rede vor dem Bundestag halten werde. Aber man verspricht mir, mir auf den Fersen bleiben zu wollen. Die Kollegen plädieren dafür, dass ich mich im Thüringer Landtag für eine ähnliche Runde engagieren möge und das sie mir dabei helfen wollen. In vielen Parlamenten der Welt gibt es eine solche Frühstücksrunde und ehrlich, diese Runde werde ich vermissen.
Auf dem Weg zum Plenarsaal bekomme ich eine Mail und werde über einen sensationellen Fund in der Berliner Charité informiert. Da soll doch nach 90 Jahren die Leiche von Rosa Luxemburg gefunden worden sein. Wie sehr müssen die damals Mächtigen die Gründerin der KPD gehasst und gefürchtet haben, um nicht nur die möglicherweise falsche Leiche geschändet und die richtige haben verschwinden lassen. Aber das 90 Jahre nicht gefunden wurde? Seltsam, aber die Akte Kurras wurde ja auch eben gerade nur zufällig gefunden. Man hat das Gefühl, in Berlin ist groß Reinemachen dran. Was man da alles noch finden wird? Jetzt verstehe ich, warum die FDP passend zum heutigen Tag einen Antrag zur Stasiüberprüfung aller Bundestagsabgeordneter ab 1949 gestellt hat. Meine Fraktionskollegin Luc Jochimsen beschließt Ihre Rede mit dem Hinweis, dass sie gespannt sei, was man da noch über Konrad Adenauer erfahren könnte.
Doch bevor die Sitzung beginnt, werden alle Abgeordneten der CDU und der SPD in gesonderten Fraktionssitzungen zum Ja für die sogenannte Schuldenbremse vergattert! Die SPD-Kollegen stimmen wieder gegen Ihre eigene Auffassung. Ich zitiere noch Andrea Nahles, die diese Entscheidung grundsätzlich falsch findet und dann tatsächlich gegen ihre eigenen öffentlichen Äußerungen abstimmt. Das muss man nicht verstehen, aber ich hatte es geahnt. Der gleiche Fehler wie bei der Trennung der Bildungsfinanzierung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Da haben die SPD-Genossen auch das Gegenteil von dem beschlossen, was sie vorher selber vertraten. So haben wir heute im Grundgesetz ein Kooperationsverbot bei Bildung und damit eine noch striktere Trennung der 16 Bildungssysteme in Deutschland. Also stimmt die SPD heute mehrheitlich für ein Haushaltsrecht, welches die Bundesländer schlechter stellt als den Bund. Das heißt, man nimmt die Haushaltskatastrophe einiger Länder in Kauf und schweigt. 19 SPD-Abgeordnete und Norbert Lammert stimmen dann namentlich dagegen und trotzdem ist die notwendige 23-Mehrheit vorhanden. Also wird unser Grundgesetz weiter verhunzt! Was mich aber wirklich ärgert ist, dass überhaupt kein Ministerpräsident anwesend war und sich zu Wort meldete. Die Schleswig-Holsteinige, die Saarländische und die Bremische Landesregierung wissen genau, dass sie mit der heutigen Grundgesetzänderung in eine Zwangslage kommen werden. Wir werden es über unsere Landtagsfraktionen weiter anprangern und schauen mal wie die Verfassungsgerichte damit umgehen werden.
Am Schluss der Plenardebatte kommt noch ein wichtiger Punkt zur Sprache. Das Thema Kriegsverrat aus der NS-Zeit. Jan Korte hat seit Beginn dieser Legislatur sich sehr verdienstvoll um dieses Thema gekümmert. Heute kneift die CDU und scheut sich, die Fakten über das NS-Unrecht auch nur anzuerkennen. Der SPD-Redner hat in einer klaren Rede die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse erläutert und schließt mit dem Hinweis, dass dieses schreiende Unrecht endlich wirksam beendet werden muss. Mehr Kriegsdienstverweigerer hätte den Deutschen gut zu Gesicht gestanden, statt sich heute zu weigern, deren Todesurteile wenigstens posthum aufzuheben. Die CDU muss sich wirklich schämen!
Der Rest des Abends endet in einem Krimi. Wir fahren nach Thüringen und kreuzen das Kanzleramt. Viele Kamerateams zeigen, dass die OPEL-Krise auf ihrem Höhepunkt angekommen ist. Aber es bleibt dabei, die CDU verweigert sich einer schnellen Lösung mit einem Kauf, bei der der Staat und die betroffenen Länder das Konsortium anführen würde, nur aus parteiideologischen Gründen. Frau Merkel schließt das aus und die OPEL Beschäftigten erleben, dass das Pokerspiel weiter geht. Bis Thüringen hören wir im Stundentakt gerettet, gescheitert, gelöst, gescheitert!