Ein Lied zum Geburtstag

Der heutige ökumenische Festgottesdienst anlässlich der Feierlichkeiten zum sechzigsten Geburtstag des Grundgesetzes wirkte trotz der Anwesenheit der verschiedenen Kirchenvertreter von der Atmosphäre her schon sehr wie der darauf folgende Staatsakt. Im prunkvollen Ambiente des Berliner Doms kommt bei mir irgendwie nicht das richtige Gottesdienstgefühl auf.

Insgesamt sind die Feierlichkeiten leider sehr einseitig geprägt, der ostdeutsche Teil wird oft vernachlässigt. In einem extra produzierten Film zum Jubiläum wurde immerhin der Friedensfahrtsieg von Täve Schur erwähnt. An anderen Stellen wurde die ostdeutsche Geschichte leider ganz ausgespart. Man scheut sich ein bisschen davor, die deutsche Teilung als Ergebnis des Zweiten Weltkrieges zu verstehen. Nach den historisch einmaligen Verbrechen der Nazi-Zeit entschieden die Alliierten, dass das Land zunächst aufgeteilt werden müsse. Und dann war es in den Westzonen, wo zuerst eine eigene Währung und eine eigene Verfassung eingeführt wurden. Vielleicht, so hat es auch Gregor Gysi in der Bundestagsdebatte gesagt, wäre an diesem Moment ein bisschen mehr Geduld hilfreich gewesen.

Wenn ich dem Grundgesetz etwas schenken könnte – und ich würde es gerne tun, da wir ein wirklich „freundschaftliches Verhältnis“ haben – wären das drei Sachen: Eine überarbeitete Hymne, die Einführung direktdemokratischer Elemente auf Bundesebene und eine Volksabstimmung über das ganze Grundgesetz, das es zu einer echten Verfassung macht. Für die Hymne gibt es schon einen guten Vorschlag von Hartwig Runge alias Ingo Graf: Die erste Strophe „Einigkeit und Recht und Freiheit …“, die zweite „Auferstanden aus Ruinen …“ und die dritte „Anmut sparet nicht noch Mühe …“. So wären Hoffmann von Fallersleben, Johannes R. Becher und Bertolt Brecht wunderbar miteinander vereint. Das wäre doch eine passende Hymne für unser vereintes Land.