Geräumte Häuser und leere Schiffe
Heute morgen um fünf Uhr aufstehen und dann schnell zum Zug nach Berlin. Als ich das Haus verlasse, sehe ich schon Polizeihubschrauber kreisen und in der ganzen Stadt ist die Polizei mit Einsatzkräften präsent. Der Grund ist schnell klar: Heute soll das besetzte Haus auf dem Gelände von Topf & Söhne geräumt werden. Beim Anblick der PolizistInnen muss ich daran denken, dass nur ein kleiner Teil der heute im Einsatz befindlichen Beamten genügt hätte, die Demonstranten, die im Februar in Dresden gegen Nazis demonstrierten, auf ihrem Heimweg zu schützen. Stattdessen kam es zum gewalttätigen Angriff der braunen Bande auf friedliche Gewerkschafter. Eine Schande.
Im Zug und auch als ich in Berlin bin, kommen immer wieder Anfragen von Medienvertretern, ob ich nicht am Montag für ein Interview zur Verfügung stünde. Dieter Althaus wird am Montag seine Amtsgeschäfte wieder übernehmen und ich freue mich, dass er offensichtlich wieder ganz genesen ist. Ärgerlich finde ich aber, wie sich nun die Inszenierung der Rückkehr fortsetzt. Als der Unfall passiert ist, war klar, dass das Politische in den Hintergrund treten muss, weil die Gesundheit als persönliches Gut eines Menschen von höchster Bedeutung ist. Dann allerdings meldete sich der Ministerpräsident per Zeitung zurück und damit muss man erwarten dürfen, dass er wieder als Politiker wahrgenommen werden will. Und der Politiker Althaus sollte sich schleunigst um die Probleme unseres Landes kümmern: Für Opel Eisenach muss dringend gehandelt werden und die klein- und mittelständischen Betriebe in Thüringen brauchen Unterstützung. Anstatt diese Dinge anzugehen, werden nun Sondersendungen über die Rückkehr produziert. Wie zu hören ist, gibt es für Montag vor der Staatskanzlei schon keine Standplätze für Kameras mehr – Althausfestspiele statt Krisenmanagement.
In Berlin bin ich auf Einladung von Frank Bsirske zu Gast bei einer Verdi-Podiumsdiskussion über die Föderalismusreform. Viele der Gewerkschafter unterstützen unsere Forderung, die Schuldenbremsen für die Bundesländer nicht zuzulassen. Sie würden die Länder in die Handlungsunfähigkeit treiben. Mit dieser Unterstützung im Rücken fahre ich am Nachmittag weiter zur Fraktionsvorsitzendenkonferenz nach Hamburg. Dort sehe ich zum ersten Mal in meinem Leben wirklich viele leere Schiffe im Hafen liegen. Die Krise ist also auch hier angekommen. Positiv überrascht hat mich dagegen die offizielle Einladung des Präsidenten der Bürgerschaft an die Fraktionsvorsitzendenkonferenz zu einem Gedankenaustausch im Hafenclub der Stadt. Bisher wurden wir – in wechselnden Landeshauptstädten tagend – meist entweder ignoriert oder kurz in der Landtagskantine begrüßt.