365 Tage Transparenz

Das Online-Voting einer Thüringer Zeitung hat mich in einem virtuellen Schachspiel zur roten Dame neben einem roten König Christoph Matschie gemacht. Mal davon abgesehen, dass wir eine solche Brautwerbung sicher nicht nötig haben, setze ich doch lieber darauf, was die Wähler am 30. August in den Wahlkabinen entscheiden. Trotzdem kann ich mit dem Bild der roten Dame leben, schließlich sind es die Damen, die häufig für die entscheidenden Züge verantwortlich sind. Beim roten König besteht dagegen die Gefahr, dass er plötzlich schachmatt auf einem schwarzen Feld landet.
365 Tage Transparenz – heute vor einem Jahr entstand der erste Tagebucheintrag. Zu Beginn hätten wir wohl selbst nicht gedacht, dass wir so lange durchhalten. Ich schreibe „wir“, weil es ein Gemeinschaftsprojekt ist, in dem auch mal die Mitarbeiter ihren Chef kommentieren dürfen. Und wenn ich in den April des letzten Jahres zurück schaue, macht es mich auch stolz, dass wir seitdem jeden Tag einen kleinen Einblick in meine Arbeit gegeben haben. Als es anfing, haben sich alle drei Thüringer Spitzenkandidaten an der Aktion beteiligt, aber schon relativ bald, war ich als einziger übrig geblieben. Mag sich also der eine oder andere als Schachfigur sonnen … wir machen inzwischen weiter.
Heute hatte ich wieder einen Termin in Köln, wieder ging es vor Gericht um das Bundesamt für Verfassungsschutz. Zwei Stunden Verhandlung über den Umgang des Amtes mit seinen Daten. Im Wahlkampf 1999 hatte die Thüringer CDU offensichtlich mit Informationen der Schlapphüte seltsame Broschüren erstellt, um eine Diskussion gegen alles zu führen, was irgendwie links ist. Morgen soll die Entscheidung des Gerichts kommen.
Auf dem Rückflug von Köln nach Berlin werde ich durch eine Werbung darauf aufmerksam gemacht, dass heute der Tag des Bieres sei – in Erinnerung an das bayrische Reinheitsgebot – dem ältesten Deutschlands. Dabei sollte doch inzwischen bekannt sein, dass im Thüringischen Weißensee noch früher als in Bayern ein Reinheitsgebot entstand. Aber auch hier hat es unsere Landesregierung verpasst, die Werbetrommel zu rühren. Die CSU-Lobby arbeitet dagegen beständig und so wird kaum jemand darauf aufmerksam, dass das älteste Reinheitsgebot Deutschlands aus Thüringen stammt. Ein kleines aber typisches Symptom.
Der Abend endet beim spanischen Abend in der spanischen Botschaft, wo ich hoffe, am Rande der Gespräche noch die verbliebenen Chancen für eine europäische Opel-Lösung (ohne Fiat!) ausloten zu können.