Alte Ideen werden wieder modern.

Um 6.20 Uhr Aufbruch in Berlin Richtung Erfurt, es ist lausig kalt. Verfroren komme ich im Hauptbahnhof an und erreiche sogar den früheren Zug nach Erfurt. In der Bahn treffe ich meinen Berlin Büroleiter und Dr. Benjamin Hoff, den Berliner Staatssekretär, der in meinem Kompetenzteam für Gesundheitspolitik und Verbraucherschutz zuständig ist. So können wir in Erfurt auch gleich eine Fahrgemeinschaft zu dem Hotel bilden, in dem unsere Beratung stattfindet. Die Thüringer Landtagsfraktion, das Kompetenzteam und die Vertreter der Wahlkampfleitung treffen sich, um die Schritte der nächsten Wochen bis zur heißen Wahlkampfphase zu erörtern.

Inhaltlich feilen wir an einem Maßnahmeplan, wie die Gelder aus dem Konjunkturpaket II schneller in die Kommunen kommen. Da müssen Schulen saniert, Straßen gebaut oder auch Schienenverbindungen geschlossen werden. Aber es müssen auch sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze statt Ein-Euro-Jobs entstehen. Außerdem geht es auch um das Wohnungsthema: Ein großer Wohnungsspekulant ist gerade insolvent gegangen und da stehen nun 1700 Wohnungen zur Zwangsveräußerung. Dazu kommen noch weitere kommunale Wohnungsbestände, die auch verkauft werden sollen. Also könnten ziemlich schnell 20.000 Wohnungen in Thüringen zur Spekulationsware werden. Das wollen wir mit einem “Schutzschirm” verhindern. Außerdem wollen wir den Stadtumbau weiter vorantreiben, die Altschulden verringern und die Wohnungsbetriebe zu Partnern bei der Energiegewinnung machen. Da lohnt sich doch die Debatte um die Renaissance von öffentlichem Eigentum. Sparkassen, Stadtwerke und Wohnungsgesellschaften werden wieder geachtete Partner in der Region – die Privatisierungsideologie ist gescheitert. Nun heißt es neue Wege gehen und alte Eigentumsformen wie den Genossenschaftsgedanken wieder neu zu denken. Aber auch Bürgerkraftwerke sollen ermöglicht werden und Solardörfer (weiter) entwickelt werden. Wir reden auch über Forst und Agrarforst, also über den Thüringer Rohstoff schlechthin. Hier kann viel mehr zusammen entwickelt werden, wenn man den ländlichen Raum mit allen Akteuren zusammen denkt. Der Landesforstbetrieb als Partner in der Rohstoffgewinnung und die Agrargenossenschaften als gleichberechtigte Partner, um Energiegewinnung zusammen zu optimieren. Dazu braucht man aber auch ein Zusammenwirken der Stadtwerke und wenn E.ON die Anteile der Thüringer Stadtwerke verkaufen will, warum sollte man sie jetzt nicht aufkaufen und so einen starken Thüringer Stadtwerke Verbund schmieden. Da könnten die Stromtrassen übernommen werden und die Agrarbetriebe zu Biomasse und Holzlieferanten gemacht werden, um über viele Wege dann soviel Wärme und Strom zu produzieren, wie in Thüringen verbraucht wird. Derzeit importieren wir Energie – warum sollten wir mit vielen Kleinkraftwerken nicht zum Exporteur werden?

Nach dieser Beratung geht es für mich gleich zur nächsten: Die Konferenz der Erfurter Basisgruppenvorsitzenden. Die Genossen löchern mich mit Fragen zu Berlin und natürlich zu unserer Thüringer Wahlstrategie. Gegen 19.45 Uhr dann zurück nach Berlin, denn die Föderalismuskommission tagt morgen das letzte Mal. Da muss ich früh im Bundestag sein, um unsere schweren Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Projekts noch zu Papier zu bringen und der Kommission wenigstens schriftlich vorzulegen. Soll keiner sagen, dass der Verdacht auf Verfassungswidrigkeit nicht bekannt gewesen wäre. Ohnehin bin ich gespannt, wie der Bundespräsident mit diesem faulen Kompromiss umgehen wird. Eigentlich dürfte er die Gesetzesänderung nicht unterschreiben.