Attila hat Angst oder ist Attila ein Angsthase?

Der gestrige Abend endete mit einem Spaziergang mit Attila, wir zogen rings um unser Punkthochhaus am Ostbahnhof in Berlin. Es war lausig kalt und irgendwie schmuddelig. Dem Hund war das gar nicht recht, er zeigte mir deutlich, was er von diesem Hundewetter hielt. So kam es mitten in der dunklen Nacht zum Zerwürfnis zwischen dem völlig demotivierten Lieblingshund und mir. Er soll sein Geschäft machen und ich bin (wie immer) mit einem Tütchen bewaffnet und warte. Dann knallt es fürchterlich, anscheinend ein Feuerwerk von der O2-Arena. Zack sitzt der kleine Kerl auf meinem Arm und weigert sich, überhaupt noch irgendwas zu machen. Nach ein paar Schrecksekunden erkläre ich ihm noch mal deutlich, wozu wir eigentlich unterwegs sind, aber da knallt es wieder und es kommt auch noch ein Rattern dazu. Der Hund bewegt sich zügig Richtung Hauseingang. Erst nach viel gutem Zureden und einer Friedensgarantie kommt es doch noch zum Gassi gehen, nur jeder Schatten wird sofort verbellt. Ganz schön ängstlich dieses kleine Tier, aber für die Größe hat er auch eine ganz schöne große Schnauze. Insofern ist so ein Jack Russell schon toll und erinnert auch ein bisschen an den Bundestag: Je kleiner, desto lauter.

Heute dann Sondersitzung des Bundestages. Frau Merkel erklärt, warum Verstaatlichen nicht Sozialismus sei und warum man den gebeutelten Großfirmen und den verarmten Banken noch mal so vieeeeeeeel frisches Steuergeld geben muss. Vom VEB DeuBa, DreBa oder ComBa als neuem Finanzkombinat ist aber leider nicht die Rede, sondern nur, warum die 100 Mrd. Bürgschaften und die je 25 Mrd. Investitionsmittel so mutig und wie immer alternativlos seien.

Dass das soziale Ungleichgewicht bei den Krankenkassenbeiträgen (die Arbeitnehmer müssen 0,9 Prozent Beitrag mehr bezahlen als die Arbeitgeber) auch bei der Absenkung des gesetzlichen Beitrages von 15,5 auf 14,9 Prozent nicht wieder ausgeglichen wird, bleibt unausgesprochen – und die Ungerechtigkeit bleibt. Dass der sogenannte steuerliche Mittelstandsbauch unangetastet bleibt und der Freibetrag nur hochgesetzt wird, bleibt ebenso unausgesprochen von der Regierung. Man habe schließlich Großes geleistet, lobt sich die Regierung und verschweigt, dass die Hälfte aller Haushalte wegen zu geringer Monatseinkommen gar nichts von diesen Steuererleichterungen haben wird. Wir Bundestagsabgeordneten haben mal wieder was davon, die Masse der Niedriglöhner nicht. So viel soziale Ungerechtigkeit geht auf keine Kuhhaut bzw. möchte man am liebsten aus der Haut fahren, egal ob Kuh oder eigene.

Gregor hat bei der Aktuellen Stunde zum Thema Naher Osten die Vorschläge für 5 Schritte zum Frieden vorgetragen. Der Bundestag war dabei mucksmäuschenstill. Mit so viel Konkretem hatte wohl niemand gerechnet. Unsere Fraktion war vollständig anwesend und wir waren gespannt, wie die anderen Parlamentarier darauf reagieren. Bis auf eine Abgeordnete von der CSU waren viele eher nachdenklich und man hatte den Eindruck, dass es lohneswert sei mal über unsere Vorschläge nachzudenken.

Danach geht es zur Eisenbahn. Am Bahnsteig treffe ich meine Fraktionskollegin Luc Jochimsen, die nach Weimar zum Neujahrsempfang der Stadt will. Wir hören, dass der Zug, mit dem wir fahren wollen mindestens 15 Minuten Verspätung hat. Da schlägt Luc vor doch zum Nachbargleis zu gehen, da sollte vor 40 Minuten ein Zug abfahren, der aber Verspätung hätte. So fahren wir statt mit dem nächsten (aber verspäteten) Zug nun mit dem viel früheren aber gleichzeitig noch viel verspäteterem Zug. Das muss man alles nicht verstehen. Auskunft bekommt man auch keine, weil der Computer für die Auskunft nicht geht. Reservieren kann man auch nicht, weil das Reservierungssystem ebenso nicht geht. Im Zug angekommen, geht auch die Toilette nicht und das Bordbistro ist vorsichtshalber erst gar nicht drangekoppelt worden. Es geht mit 50 Minuten Verspätung los (Netto sind es für uns 10) und wir erreichen in Leipzig den Anschlusszug, den wir mit dem regulären Zug nie bekommen hätten – die Bahn, das unbekannte Wesen. Aber Luc und ich haben uns großartig unterhalten.