Fahrstuhlfahrt ins Nichts

Heute war mal wieder ein „normaler“ Tag im Bundestag, der allerdings sehr lustig endete. Normal heißt in diesem Fall, dass viele Briefe und Dokumente zu lesen sind, einige Texte verfasst werden müssen, ich eine Sitzung des geschäftsführenden Fraktionsvorstandes leite und zwischendurch noch dem Inforadio Brandenburg ein Interview gebe, das hier nachzuhören ist. Zu diesem Tag gehörten auch zwei namentliche Abstimmung im Plenum – diesmal mit meiner Beteiligung. Zum einen ging es um die seltsame Amtsführung von Bundesverkehrsminister Tiefensee. Seit Monaten betreffen die wichtigsten Meldungen aus seinem Ressort den geplanten Börsengang der Bahn. Nur dass sich die Bahn-Bosse bei diesem ohnehin schon verheerenden Projekt auch noch dicke Prämienzahlungen einplanen, hat der Minister nicht mitbekommen. Gemeinsam mit meinen FraktionskollegInnen stimme ich für eine Entlassung des Ministers, denn offensichtlich hat er sein Haus nicht im Griff. Die andere namentliche Abstimmung betraf die Verlängerung des Bundeswehrmandats für die „Operation Enduring Freedom“ (OEF) – ein Einsatz, der in keiner Weise völkerrechtlich legitimiert ist und von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt wird. Meine Fraktion und ich stimmen dagegen.

Am Abend dann mein Besuch in einem traurigen Haus, der Berliner Niederlassung von Pro Sieben Sat. 1. Die 350 Mitarbeiter haben heute erfahren, dass die Sendergruppe bis auf den Nachrichtensender N24 nach München umziehen wird, der neue Finanzinvestor hatte dies durchgesetzt. Über den Tag verteilt gab es Proteste aber wenig Hoffnung auf eine andere Lösung. Ich selbst bin vor Ort, weil ich in die Sendung „Studio Friedmann“ eingeladen bin. Das Thema lautet „Wachstum ade“ und Michel Friedmann, Hans-Peter Friedrich von der CSU und ich diskutieren munter über die Folgen von Leiharbeit und verfehlter Arbeitsmarktpolitik der letzten Jahre. Wirklich aufregend wird es aber erst im Anschuss an die Aufzeichnung.

Eine Redakteurin der Sendung will meinen Abgeordnetenkollegen und mich zum Ausgang begleiten, unsere Fahrstuhlfahrt endet allerdings im Nichts. Wir verlassen den Fahrtstuhl zwar im Erdgeschoss, aber dieser Teil des Gebäudes ist schon stillgelegt. Unsere Versuche den Bereich zu verlassen, scheitern an Türen, die sich nur mit bestimmten Karten öffnen lassen, von denen die Redakteurin keine besitzt. Praktischerweise ist auch der Fahrstuhl in dieses System integriert und wir von ihm ausgeschlossen. Ohne moderne Kommunikationsmittel wäre das eine lange Nacht geworden. So aber gelingt es uns, die Redaktion zu erreichen, die wiederum den Sicherheitsdienst informiert, der uns schließlich befreit. Daheim heißt es jetzt Sachen packen, denn morgen steht der Umzug nach Erfurt an.