Käpt’n Gysi und Captain Kirk
Der heutige Tag begann sehr erfreulich. Elefantenrunde im Deutschen Bundestag. Das Erfreuliche war weniger die Rede von Angela Merkel. Es war viel mehr die von Gregor Gysi, der in seiner ganz eigenen Art die Dinge auf den Punkt bringt. Es war eine hervorragende Rede. Die betröppelten Gesichter, vor allem bei der SPD und den Grünen, nachdem Gregor die Linke als einzige nicht von der Allianz gesponserte Partei bezeichnet hatte, waren schon sehr interessant und amüsant. Bei CDU und FDP gab es wahrscheinlich nur Verwunderung darüber, da sie die Kritik an Allianzspenden wahrscheinlich schon gar nicht mehr nachvollziehen können, so selbstverständlich wie sie diese finden. Tja, gute Kontakte lässt man sich was kosten…
Zwischen den Plenardebatten ein kurzer Abstecher in die US-Botschaft. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der politischen Abteilung dort sind immer sehr interessiert daran, wie es mit der Entwicklung der LINKEN steht. Sie lassen keinen Bundesparteitag aus, um danach die Lage neu zu analysieren. Sicherlich ist es für die Strategen in der US-Regierung nicht unwesentlich zu wissen, was es für die deutsche Außenpolitik und die Beteiligung an Militäreinsätzen im Ausland bedeuten würde, wenn wir mal in einer Bundesregierung wären. Da muss man schon mal vorher genau schauen, was das bedeuten könnte. Das Interesse wird auch zukünftig groß bleiben. Das neue Botschaftsgebäude ist sehr imposant. Moderne Kunst und funktionaler Bau. Eine interessante Symbiose ist da gelungen. Als ich an der Wache mein Handy abgeben musste, bat ich den Wachmann scherzhaft, doch vorsichtig mit meinen Daten darauf umzugehen und beim Auslesen sorgsam zu sein, auch im Interesse meiner Mitarbeiter, die erst vor kurzem einen kleinen aber folgenreichen Tippfehler auf meinem Handy mit wochenlangen Neueintragen meiner verloren gegangenen Termine ausbaden mussten. Ich glaube, der Wachmann fand das nicht so lustig. Meine Mitarbeiterin und meine Mitarbeiter übrigens auch nicht.
Ebenfalls in einer Beratungspause dann ein Interview mit der katholischen Bistumspresse über Religionsfreiheit. Es war ein sehr schönes Gespräch. Auf die Wirkung in den katholischen Zeitungen bin ich gespannt.
Bei den namentlichen Abstimmungen im Bundestag habe ich bei der Abstimmung zur Fortsetzung der Militärbeteiligung an der UNIFIL-Mission im Libanon mit Nein gestimmt. Diese Mission ist aus meiner Sicht völlig sinnlos und die Truppe gehört nach Hause. Das ist keine Friedenstruppe. Bei der Dafur-Abstimmung habe ich mich der Stimme enthalten, weil ich denke, dass ich meine Gewissensnot nur mit einer Enthaltung darstellen kann. Wir müssen in unserer Partei darüber reden, welche Rolle die Bundesrepublik bei UN-Mandaten spielen soll. Wir können nicht das Völkerrecht individuell diskutieren und auslegen. Wenn wir der USA nicht gestatten, sich das Völkerrecht so zurechtzubiegen, dass es ihnen passt, können wir das auch nicht innerhalb der Partei. Ich habe mich im Sinne einer Enthaltung an den Beschluss von Münster gehalten.
Nach den Plenardebatten noch eine Nachtfahrt nach Thüringen, weil morgen sehr früh ein Termin in Gera auf dem Plan steht. Eine Fahrt mit dem neuen Dienstwagen. Was für eine Herausforderung! Man hat das Gefühl, als Raumschiffkommandant unterwegs zu sein. Viele bunte Knöpfe von denen man im Wesentlichen nur zwei bedienen muss. Nach Schnelleinweisung durch meinen Mitarbeiter und einer Spritzfahrt durch die Tiefgarage des Jakob-Kaiser-Hauses nun die Stunde der Wahrheit auf den Straßen Deutschlands. Davon abgesehen, dass ich zwischendurch immer mal wieder den nicht vorhandenen Griff der Handbremse suchte (er wurde ebenfalls durch einen leuchtenden Knopf ersetzt) war das Tanken nochmal eine Herausforderung für sich. In Vorahnung einer Blamage an der Tankstelle rief ich dann doch vorher – noch während der Fahrt – meinen Mitarbeiter an, um mir die Tankvorrichtung des Raumschiffes erklären zu lassen. Dass ich ihn dafür aus dem Bett klingeln musste, darauf konnte ich in meiner Notsituation leider keine Rücksicht nehmen, auch wenn sich im Nachhinein herausstellte, dass ich es auch ganz gut allein geschafft hätte. Sicher ist nun mal sicher. Der eigentliche Schock war dann der Preis für die Tankfüllung. Die Tankstelle wollte ich eigentlich nicht mit kaufen! Ich denke, dass nach mehreren Touren zwischen Berlin und Erfurt zumindest ein Freifahrtsschein der NASA für einen Weltraumtrip herausspringen müsste. Erheblich teurer dürfte diese Tour auch nicht sein.