Mühsame Wege

Heute Vormittag hatte ich noch einiges an Post abzuarbeiten, bevor ich dann ein paar Tage nicht im Lande bin. Außerdem habe ich meine Gast-Predigt für den kommenden Reformationstag, die ich auf Einladung einer Pfarrerin an einer Berliner Kirche halten darf, weiter vorbereitet. Diese Einladung ist eine große Ehre für mich und ich freue mich schon sehr auf diese außergewöhnliche Möglichkeit.

Mittags muss ich zum Bahnhof, ich will nach Weimar zum TLZ-Podium. Von der Diskussion über die Zukunft des Nationaltheaters trennt mich „nur“ eine Zugfahrt. Aber die Bahn wäre nicht die Bahn, wenn diese Fahrt nicht unplanmäßig verlängert würde. Vor Lutherstadt Wittenberg brennt eine Böschung. Na und?, möchte man fragen. Wir fahren doch nicht auf der Böschung. Die ICE haben aber automatische Klimaanlagen, die automatisch den Rauch ansaugen. Und bevor die Passagiere geräuchert werden, schiebt man uns über weit entfernte Strecken. Daaaaaas dauert! Mit einem normalen Zug wäre es nicht notwendig. Ein Abschalten der Automatik geht nicht – so viel Technik, die Freude macht.

Nachdem ich mir schon ernsthaft Sorgen mache, ob ich überhaupt noch zur Podiumsdiskussion komme, gelingt es der Bahn doch noch, mit einer knappen Stunde Verspätung nach Weimar zu kommen. Und es lohnt sich richtig, der Saal im Hotel Elephant ist brechend voll. Die Menschen in der Kulturstadt verfolgen gespannt die Debatte über Kultur, wie man damit umgeht und wie ihr Verhältnis zur Demokratie ist oder sein könnte. Ich denke, Kultur muss anstößig sein können, nicht nur gleichförmig.

Am Ende des Abends frage ich mich, ob wohl alle Zusagen Früchte tragen werden und ich hoffe, dass der Aufruf Zustimmung findet und die Weimarer ihrem Intendanten zahlreich das Vertrauen aussprechen. Das wäre das schönste Misstrauensvotum gegen parteipolitische Macht- und Ränkespiele.