Feindbilder dank Steuergeldern
Im Thüringer Landtag feiern die Feindbilder fröhliche Urstände. Während ich am gestrigen Abend dem CDU-Landtagsfraktionsvorsitzenden Mike Mohring noch freundlich die Hand geschüttelt und wir beim LPK-Fest sogar gemeinsam ein Bier getrunken haben, erlebe ich heute den Rückfall in den Kalten Krieg. In der CDU-Fraktion des Thüringer Landtags ticken die Uhren offenkundig ganz anders. Man hat das Gefühl, dass der politische Mitbewerber, gegen den man wettern will, zu einem Feindbild stilisiert werden soll, das man allerdings erst selbst erzeugen muss. Wenn es sein muss, lässt man es auch erzeugen und gibt dafür munter Steuergelder aus.
Die Methode ist nicht neu. Ich erinnere mich an die Broschüre der christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft, die 1999 im Wahlkampf gegen uns eingesetzt wurde. Der Herausgeber (die christlich-demokratische Arbeitnehmerschaft, vertreten durch den Landtagsabgeordneten Gustaf Bergemann) sitzt im Landtag und die Broschüren waren munter im Landtag auf der Fraktionsebene der CDU zu erhalten. Einer Diskussion hat sich die CDA nie gestellt. Im Laufe der Jahre konnte ich aber durch gerichtliche Entscheidung feststellen lassen, dass es den angeblichen Autor dieser Broschüre, Christian Peter Segall, überhaupt nicht gibt und dass dieses seltsame Chamäleon Christian Peter Segall alias Hermann Gleumes in Wirklichkeit Patrick Moreau ist und immer wieder für seine Aktivitäten Steuergelder erhält – mit Abrechnung der Konrad-Adenauer-Stiftung, der Hans-Seidel-Stiftung, des Thüringer Landesamtes für Verfassungsschutz und nun wieder durch die Landtagsfraktion der Thüringer CDU.
Denn am 10. Juli lädt die Fraktion ganztags zu einer Konferenz ein, die sich ausschließlich mit der Partei DIE LINKE beschäftigen soll. Dazu wird es natürlich keine Vertreter der LINKEN geben. Es wird auch keine unabhängigen Journalisten oder Wissenschaftler wie die Parteienforscher Gero Neugebauer oder Franz Walter geben, sondern es wurde der übliche Kreis der Verdächtigen eingeladen. Wenn die CDU-Fraktion nicht mehr weiter weiß, versucht sie durch Mauer und Stacheldraht – kombiniert mit Schaum vorm Maul – ihr inhaltliches Totalversagen in der Landespolitik zu übertünchen. Kulturkahlschlag, verpasste Verwaltungsreform, „Familienoffensive“, Abwasserproblematik – wen interessiert das schon. Viel wichtiger ist, Pseudowissenschaftler einzuladen, die unter Tarnnamen veröffentlichen und etwas Böses über DIE LINKE sagen. Die Partei nervt schließlich mit ihrer sozialen Gerechtigkeit, ihrem lebenslangem Lernen und der bürgernahen Verwaltung.
Was da passiert ist richtig widerlich. Nicht nur, dass mit Moreau-Segall-Gleumes, genau diese zweifelhafte wissenschaftliche Figur nun von Mohring wieder als Referent eingeladen wird. (Und ich auch nicht verstehen kann, dass sich die Konrad-Adenauer-Stiftung und die Hans-Seidel-Stiftung nicht schämen, Broschüren und wissenschaftliche Arbeiten mit Steuergeldern abzurechnen, die unter Tarnnamen erstellt werden) In Thüringen konnten wir auch schon erleben, wie eklig es ist, wenn ein ehemaliger Innenminister den Verfassungsschutz für seine Privatinteressen benutzt, wenn eine Landtagsfraktion Steuergelder missbraucht, um Wahlkampfmanöver gegen uns zu unternehmen und wenn abgelenkt wird von all den Ausgrenzungsmaßnahmen, die die Thüringer Landesregierung seit Jahrzehnten gegen uns und uns nahestehende Organisationen betreibt. Es muss geklagt werden, damit die Rosa-Luxemburg-Stiftung ihr zustehende Mittelerhält. Ich muss klagen, damit das Gericht feststellt, dass alle Beobachtungsmaßnahmen gegen meine Person rechtswidrig sind. Und die Landesregierung interessiert es überhaupt nicht.
Althaus, Mohring & Co. versuchen lieber weiter Voodoo-Zauber gegen links zu erzeugen. Eine interessante Ablenkungsmethode von Herrn Krause und all den krausen Gedanken, die man in der Thüringer CDU antrifft. Wie ich gestern hörte, gilt Herr Krause ja nun als gemachter und berühmter Mann. Man hat zwar mit ihm nicht über seine seltsamen Formulierungen und seine zweifelhafte politische Spur debattiert, sondern feiert ihn jetzt als aufrichtigen Wertkonservativen. Wertkonservativ ist also jetzt jemand, der noch vor wenigen Wochen öffentlich sagen durfte, Graf Schenk von Stauffenberg ist ein Täter. Danach dachte ich, dass dies wohl bedeuten würde, dass Adolf Hitler in der Denkweise von Herrn Krause dann wohl ein Opfer sein müsste. Ich bin einfach fassungslos über die Kaltschnäuzigkeit und die Instinktlosigkeit dieser CDU-Landtagsfraktion, wundere mich aber über gar nichts mehr.
Jetzt verstehe ich auch, warum Althaus kein Interesse daran hat, dass der Rechnungshof wirksam besetzt wird. Wenn man sowieso eine seltsame Ausgabenpraxis als Landesregierung und als Landtagsfraktion hat, will man sich nicht auch noch dabei durch einen allzu kritischen Rechnungshof erwischen lassen – so meine Schlussfolgerung. Heute ist im Landtag der einsame Vorschlag des Ministerpräsidenten wiederum an der Zwei-Drittel-Klausel gescheitert und der Rechnungshof bleibt weiterhin ohne Präsidenten und ohne Vizepräsidenten und damit politisch-fachlich führungslos. Aber wahrscheinlich will man genau einen solchen Zustand, damit dem Ausgabengebaren der Landesregierung und der Landtagsfraktion nicht allzu kritisch nachgerechnet wird.
Schon der letzte Rechnungshofspräsident, der aus der CDU-Landtagsfraktion selber gekommen ist, ist wohl auch deshalb in politische Ungnade gefallen und bekam seine Amtszeit nicht verlängert, weil er die Landtagsfraktionen gründlich kontrolliert hat. Die Kontrolltiefe hat offenkundig bei Parteifreunden zu viel Missvergnügen geführt und die Nachfrage, ob wirklich ein Treffen der Fraktion auf Steuerzahlerkosten Dimensionen eines Riesenwahlkampfmeetings in der Messehalle haben darf. Im Übrigen ist der Bericht bis heute nicht veröffentlicht worden, so dass sich die Steuerbürger kein Bild davon machen können, wie im Landtag die Fraktionen mit Geld umgehen. Auch wenn wir den uns betreffenden Teil veröffentlicht haben, ändert das nichts an der Tatsache, dass die Mehrheitsfraktion bis heute jedwede Form der transparenten Berichterstattung durch geschicktes Taktieren unterläuft.