Die Menschen müssen von ihrer Arbeit in Würde leben können

Ein Gastbeitrag von Pfarrer Peter Jörgensen:

„Welche politischen Sorgen haben wir, wofür sollten wir nach beten – worüber sind wir froh?

Ich beginne mit dem Positiven, mit der Dankbarkeit. Ich empfinde es als großes Geschenk, in Freiheit meine Meinung sagen zu dürfen, frei meinen Glauben artikulieren und leben zu können, persönlich entscheiden zu dürfen, wie ich mein Leben gestalten möchte. Freiheit ist ein großes Geschenk. Dafür bin ich Gott dankbar. Es ist für mich keine Selbstverständlichkeit, die Geschichte unseres Landes zeugt auch von anderen Phasen, in denen man Angst haben musste, zu sagen, was man dachte oder zu leben, wovon man überzeugt war. Und in viel zu vielen Ländern dieser Welt ist es genau so, nämlich gefährlich, die Freiheit zu suchen. Freiheit ist kostbar und schützenswert.

Das andere, was mich bewegt, sind die Menschen dieser Welt in ihrem Wunsch, sinnvoll zu leben, würdevoll zu arbeiten – und dafür auch gerecht entlohnt zu werden. Dazu passt ein Bibeltext, in dem wir lesen können, dass dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbunden werden soll. Damit ist nicht die Meinungsfreiheit angesprochen, sondern das Recht, von der Arbeit, die man leistet, auch leben können zu sollen.  An dieser und anderer Stelle formuliert die Bibel sehr klar: Der Arbeiter ist seines Lohnes wert. Es ist ein geistliches Grundgesetz und biblische Norm. Den Vereinten Nationen gilt es als elementares Menschenrecht. Man muss also gar nicht besonders fromm sein, um die Selbstverständlichkeit dieses Anspruches nachvollziehen zu können.

Nur – in der Realität, auch in unserem Land, wird die Zahl der Menschen, die von ihrer Arbeit nicht in Würde leben können, immer größer. Das darf nicht sein! Lohn benötigt ein Mindestmaß – man muss von ihm in Würde leben können. Das darf nicht dem Arbeitgeber anheim gestellt sein oder beliebig gemacht werden, und es darf davon auch keine Ausnahmen geben. Gerade die Kirchen könnten hier ein positives Signal geben! Wer den ganzen Tag schuftet, muss einen Lohn erhalten, der ihm und seiner Familie das Leben in Würde sichert.

Ja, in Verlängerung dessen, was mich bekümmert – und worum ich mich deshalb ganz praktisch in der politischen Debatte kümmere: dass wir uns nicht damit zufrieden geben, dass immer mehr Kinder in Armut leben und immer größere Bevölkerungsgruppen nicht genug zum Leben haben.“

Danke lieber Herr Pfarrer Jörgensen für diese Zeilen, deren Idee ich mit Ihnen teile. In Gedanken bin ich an diesem Sonntag bei Ihnen und Ihrer Gemeinde. Herzlichst, Bodo Ramelow.