„… where the president, is never black, female or gay…

Ein Gastbeitrag von MdB Michael Leutert:

…and until that day, you’ve got nothing to say to me“ sang Morrissey 2004 in seinem Song „America is not the world“. Am 4. November diesen Jahres werden wir sehen, ob nicht nur Morrissey sein Amerikabild neu bewerten kann.

Während Bodo als „BundespräsidentschaftskandidatInnenbeauftrager“ (siehe LVZ vom 15.Juli 08) unserer Partei sich etwas wohlverdienten Urlaub gönnt (das von ihm im Urlaub gelesene Buch „Drachenläufer“ ist wunderschön, aber es beschreibt sehr beklemmend das von der Politik geschundene Afghanistan – keine einfache Urlaubslektüre), habe ich mir gestern die Berliner Rede eines schon gefundenen Präsidentschaftskandidaten angehört (und angesehen) – Barak Obama. Ich nutze gerne die Möglichkeit des Gastbeitrages in Bodos Tagebuch, diesem Ereignis – das Berlin doch ein paar Tage sehr bewegt hat – ein paar Zeilen zu widmen.

Zusammen mit drei amerikanischen Gästen, Bodos Mitarbeiter Olaf und Thomas aus dem Büro von Monika Knoche waren wir Beobachter und damit auch Teil der „Obamania“ in Berlin.

Ja es ist Bewegung drin im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf. Die Entscheidung Ende 2008 zwischen Barak Obama und John McCain wird in ihrem Ausgang eine bedeutend tiefgreifendere sein als beispielsweise zwischen George Bush und Michael Dukakis 1988 oder zwischen Bill Clinton und George Bush 1992.

Gregor Gysi wurde gestern in der Westdeutschen Allgemeine Zeitung mit den Worten zitiert: „Die Wahl eines schwarzen Präsidenten der USA wäre ein politisch-kulturelles Jahrtausendereignis, was vor kurzem noch undenkbar schien.“

Über 200.000 Menschen wollten Barak Obama sehen und hören. Es waren vor allem junge Menschen. Ein junger Mann war zu sehen, der im Che Guevara-T-Shirt zur Siegessäule lief. Hippe und alternative Menschen füllten die Straßen am Großen Stern ebenso wie „Normalbürger“, Touristen und vor allem auch die in Deutschland lebenden US-Bürger. Ganz klar: Gerade die Auslandsamerikaner sind angesichts eines möglichen Sieges des demokratischen Präsidentschaftskandidaten völlig aus dem Häuschen, dass hunderttausende Menschen positiv und hoffnungsvoll dem potentiell höchsten Repräsentanten ihrer Nation mit so viel freundlichem Interesse begegnen. Außerdem ist es bemerkenswert, dass sich die Massen zur Abwechslung mal nicht, wie in der Ära George W. Bushs, gegen eine USA mobilisieren, die sich selbst als (Antiterror)Krieger, Freiheitsrechteeinschränker, Klimakiller etc. in Verruf und die Welt gegen sich aufgebracht haben.

Ganz offensichtlich gibt es eine Sehnsucht nach dem „guten Amerikaner“. Obama bedient diese bewusst oder unbewusst. Falls er die Wahl gewinnt, wird er sich ab 20. Januar 2009 an seinen Taten messen lassen müssen.

Er hat gestern zumindest für einen Spitzenpolitiker der US-Supermacht ungewöhnlich demütig um Vertrauen und Kooperation geworben. In seiner knapp halbstündigen Rede waren, wenig überraschend, viele Allgemeinplätze zu hören. Natürlich redet ein amerikanischer Wahlkämpfer, ein Präsidentschaftskandidat zumal, deutlich anders als ein deutscher Politiker. Man stelle sich vor, im Bundestag oder gar auf einem unserer Parteitage fielen Sätze wie „Lasst uns unseren Kindern die Zukunft zurück geben“, „zusammen müssen wir den Planeten retten“ oder „wir müssen dem Ruf des Schicksals antworten“. Aber eingedenk der Tatsache, dass da ein telegener US-Politikprofi spricht, erzielen Aussagen wie „Kooperation der Staaten ist keine Frage der Wahl, es ist die einzige Möglichkeit“ oder „wir müssen die Mauern zwischen armen und reichen Ländern und die Mauern zwischen Rassen und Völkern, zwischen Christen, Moslems und Juden niederreißen“ eine Wirkung, die nicht nur als lächerlich abgetan werden darf.

Barak Obama hat gestern den Willen bekundet, die atomare Abrüstung wieder zu beleben. Dieser Gedanke war in den letzten zwei Amtsperioden im Weißen Haus völlig abhanden gekommen. Das zählt neben den warmen Worten zur internationalen Kooperation zum wichtigsten Eindruck der verkündeten internationalen Obama-Agenda.

Wie viele stand ich gestern aus Neugier bei Barak Obama. Ich wollte aber auch bei dieser größtenteils für die amerikanischen TV-Haushalte bestimmten Inszenierung vor Ort sein, weil meiner Meinung nach die größtmögliche Anzahl an interessierten Menschen bei Obamas wichtigstem Auftritt seiner jetzigen Auslandsreise das beste Signal für die Menschen in den USA ist, dass es uns nicht egal ist, wer dort regiert.