Überall sehe ich rote Fahnen
Nach einer gut besuchten Veranstaltung in Gera bin ich am Abend wieder auf dem Weg nach Berlin und freute mich auf ein paar besinnliche Stunden mit meiner Frau. Und nun, so ein Mist, liegt ein Zug im Weg herum. Die Lock soll brennen und die Strecke über Wittenberg ist dicht. Jetzt sitze ich in dem Zug nach irgendwo…hoffentlich nicht nach nirgendwo. Es gibt Bier, ein Glas frisch gezapft am Platz. Okay, denke ich, aber das ersetzt nicht die besinnliche Zeit mit meiner Frau.
In Berlin angekommen hupt es und überall sehe ich rote Fahnen. Habe ich die Begrüßung von Castro, Chaves und Lula verpasst oder ist nächtlich der 1.Mai als Kampftag der Arbeiterklasse ausgebrochen? Nein, die Türkei hat gegen die Schweiz gewonnen und Berlin ist aus dem Häuschen! Es ist toll zu sehen, wie viele Autos im Corso immer eine deutsche und eine türkische Fahne anmontiert haben. Ich begreife, wir haben bei der Europameisterschaft zwei Chancen zu gewinnen. Eine erlebe ich gerade, als ich so gegen Mitternacht durch Berlin fahre. Ein einsamer Mensch mit einer hocherhobenen Schweizer Fahne kreuzt den Autocorso. Alle hupen und der Schweizer Fan hält tapfer und stolz auch seine rote Fahne mit weißem Kreuz nach oben. Ich sehe überall Rot, und das bei Umfragewerten für DIE LINKE jenseits von 30% in den neuen Bundesländern!
Am Morgen dann erstmal zum Zahnarzt. Notfall am Zahn. Kurze Hilfe, denn der normale Termin ist erst nächste Woche. Aber wer will schon mit einem halben Zahn in die Kamera lächeln? Danach geht es zur Besuchergruppe aus dem Wahlkreis. Kommunale Abgeordnete aus Gera, Eisenberg, Jena und Besucher die sich über eine Annonce gemeldet haben. Großes Interesse. Selbst die nächste Fahrt im Herbst ist schon voll! Super, wenn Bürger soviel Interesse am Bundestag haben. Da sage noch mal einer Politikverdrossenheit. Ist wohl eher Politiker-Verdrossenheit. Eigentlich wollte ich zwei Tage bei der Gruppe bleiben, doch nun fahre ich mit Gregor Gysi schon am späten Nachmittag nach Dresden zur Fraktionsvorsitzendenkonferenz. So bleibt erstmal nur das heutige Mittagessen mit den Besuchern aus Ostthüringen, wenig Zeit in Berlin und noch weniger mit meiner Frau.