„PULE NICH ESSEN“

Was soll das in der Überschrift denn nun heißen, frage ich mich heute bei meinem Gang auf die Toilette in der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg, als ich die verblassten Buchstaben lese. „Pullern, nicht essen“? Möglich aber nicht wahrscheinlich. Dann kommt mein Mitarbeiter auf eine Idee, die passen könnte: „Spülen nicht vergessen“. Das ist logisch, sicher auch so gemeint, aber bei einer elektronischen Spülung völlig unsinnig. Dennoch gehe ich dann mit großer Erwartung in unsere Beratung mit dem Vorstandschef der Bundesagentur Herrn Weise und seinen Bereichsleitern. Drei Stunden interessante Gespräche, bei der auch kritische Fragen nicht zu kurz kommen. Eines muss man an dieser Stelle auch sagen, die Bundesagentur ist ausführendes Organ der Politik, sie sind nicht verantwortlich für die Politik und die Hartz-IV Gesetze von SPD, CDU und Grünen. Vielleicht ist es gerade deshalb so, dass man sich in zahlreichen Fragen einig ist. Ich horche auf, als einer der Geschäftsführer den einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn in Deutschland fordert. Sicher weniger aus der sozialen Schiene heraus, vor allem aus verwaltungstechnischen Gründen.

Der gesetzliche Mindestlohn holt mich auch gleich wieder ein, als ich schlechte Nachrichten aus meinem Wahlkreis erhalte. Die Telekom will ihr Call-Service-Center am Standort in Gera schließen. Nach einigen Anrufen erfahre ich den Grund. Der Standort wäre nicht rentabel, weil gleich nebenan ein Call-Center mit niedrigeren Löhnen arbeitet. Niedriglohn schafft keine neuen Arbeitsplätze, sondern vernichtet bestehende. Gestern beklagte sich das Thüringer IHK-Präsidium über mangelnde Umsätze im Einzelhandel und in der Gastronomie, sprach sich aber gleichzeitig gegen einen Mindestlohn aus. Aber wie soll es denn funktionieren, immer weniger für Arbeit bezahlen zu wollen, aber auf der anderen Seite den Einzelhandelsumsatz zu erhöhen. Durch weiteren Niedriglohn sicherlich nicht. Hier ist auch die Telekom gefordert, ihre Standorte, gerade im Osten, nicht zugunsten schlecht bezahlter Arbeit zu opfern.