Schutz vorm Verfassungsschutz

Um sechs Uhr starte ich in Berlin meine Bahnfahrt nach Münster. Drei Mal umsteigen ist nicht gerade entspannend aber die schöne Schneelandschaft entschädigt für Einiges. So komme ich doch relativ ausgeruht am Oberverwaltungsgericht Münster an und das erweist sich auch als sehr nötig. Die Verhandlung über meine Beobachtung durch den Verfassungsschutz entwickelt sich nämlich zu einer richtigen Marathonsitzung. Über fünf Stunden werden Argumente vorgetragen, wird diskutiert und teilweise auch nur über Formulierungen gestritten, die ähnlich lauten aber doch ganz Unterschiedliches bedeuten – Verdacht, Anfangsverdacht, begründeter Verdacht. Mir kommt das alles sehr verdächtig vor (um mal einen tiefen Griff in die Kalauerkiste zu wagen). Jedenfalls werden so alle möglichen juristischen Fallgruppen durchgespielt.

Die Gegenseite ist mit einem großen Aufgebot erschienen. Mindestens fünfzehn Personen hat der Verfassungsschutz aufgefahren, die alle in irgendeiner Weise meinen, etwas zum Prozess beitragen zu können. Auf meiner Seite sitzen mein Anwalt und ich. Wir bringen ruhig unsere Argumente vor, die schon das Verwaltungsgericht in Köln überzeugt haben.

Es dauert bis zum Abend – als ich gerade wieder auf dem Weg zum Zug bin – bis das Urteil verkündet wird. Das Gericht hat bekräftigt, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz mich nicht beobachten darf. Sehr gut! Eine weitere Bestätigung für unsere Argumentation und ein in die Schranken weisen des Verfassungsschutzes. Es ist trotzdem bedauerlich, dass in diesem Urteil noch immer der Kalte Krieg mitschwingt. Ich kann es nicht akzeptieren, wenn beispielsweise unser Jugendverband unter Generalverdacht gestellt wird und an einer Ausgrenzung der kommunistischen Plattform aus ideologischen Gründen werde ich mich sicher auch nicht beteiligen.

Mit dem Zug geht es dann durch die Nacht nach Erfurt. Morgen besuche ich das Thüringen-Derby zwischen dem FC Carl Zeiss Jena und Rot-Weiß Erfurt im Jenaer Ernst-Abbe-Sportfeld. Nach den Ausfällen einiger Erfurter „Fans“ beim Hinspiel will ich mir das jetzt mal mit eigenen Augen anschauen. Aber auch das Agieren von Ordnungskräften und Polizei werde ich genau beobachten.