Was gute Bildung mit Fake-Accounts zu tun hat

Ich bin im Moment im ganzen Land unterwegs. Auf meiner Dialogtour „Bodo Ramelow: politisch, persönlich, direkt“ bin ich täglich mit vielen Bürgerinnen und Bürgern im Gespräch. Viele Menschen haben Fragen an mich. Sie wollen wissen, was ich in den kommenden Jahren für Akzente in der Landespolitik setzen will und warum sie mir das Vertrauen für eine erneute Legislaturperiode geben sollen.

Ich mag diese ganz direkte Form des Austausches. Sie bietet gerade in kleineren Gemeinden vielen die Möglichkeit, sich mit ihren Anliegen, mit ihren Fragen, auch mit ihren kritischen Anmerkungen an mich zu wenden. Was kann einem Besseres im Wahlkampf passieren. Mich bestärken diese Abende darin, dass offenbar viele Thüringerinnen und Thüringer durchaus wünschen, dass ich weiter Ministerpräsident dieses Landes bleibe.

Auf den Fahrten sehe natürlich auch ich die Plakate und Großflächen der Parteien, die für den Landtag kandidieren und natürlich nehme ich die Botschaften darauf zur Kenntnis. Der CDU und ihrem Spitzenkandidaten ist offenbar vor allem das Thema Bildung ein Anliegen. Nachdem sich offenbar das Versprechen, die Straßenausbaubeiträge rückwirkend ab Einführung an die Bürgerinnen und Bürger zurückzahlen zu wollen, als Luftbuchung herausstellte, verlegt sich die CDU auf das Thema Bildung. Auch hier ist Bemerkenswertes festzustellen.

Auf der ersten Großfläche plakatierte die CDU: „500.000 Stunden Unterrichtsausfall.“ Das für sich genommen ist eine dramatische Zahl, denn jede Stunde, in der Unterricht ausfällt, ist eine zuviel. Da bin ich einer Meinung mit betroffenen Schülerinnen und Schüler, Lehrerinnen und Lehrer, Eltern ja sogar einer Meinung mit unserem Bildungsminister Helmut Holter. „Schluss damit!“, meint die CDU und alle werden ihr zustimmen. Aber nun wird es spannend. Zunächst dürfen wir alle eine Inflation der Zahlen bestaunen, denn inzwischen spricht die CDU von 938.000 Stunden Unterrichtsausfall und im Wahlspot der CDU werden nochmals 61.000 Stunden Ausfall draufgelegt, denn 1 Million hört sich natürlich noch viel dramatischer an.

Wie viel Unterricht vertreten werden muss oder ausfällt, wird in Thüringen jedes Schuljahr in drei Stichwochen gemessen. Das war auch schon so, als die CDU den Bildungsminister gestellt hat. Die letzte Messung fand im März 2019 statt. Da waren es 6,6 Prozent Ausfall – weniger als im Vergleichszeitraum 2018 aber immer noch zu viel. Wir arbeiten hart daran, dass jede Stunde nach Plan stattfinden kann. Nicht zuletzt weil gestern Weltlehrertag war, möchte ich allen Lehrerinnen und Lehrern für ihren täglichen Einsatz ausdrücklich DANKE sagen. Wieso die CDU nun behauptet, dass sich der Unterrichtsausfall während des Wahlkampfs verdoppelt haben soll, kann sie wahrscheinlich selbst nicht erklären. Eine neue Statistik gab es seit März jedenfalls nicht. Es bleibt das Geheimnis der CDU, genau wie die Antwort auf die Frage, was die Partei konkret tun will, um die Situation zu verbessern.

Dafür kann ich konkrete Fakten benennen, was rot-rot-grün in den letzten fünf Jahren unternommen hat, um den Unterrichtsausfall einzudämmen. Seit 2014 haben wir 3.470 Lehrerinnen und Lehrer eingestellt, wir haben die Verbeamtung von angestellten Lehrkräften wieder ermöglicht, wir haben die Entlohnung von Regel- und Gymnasiallehrer*innen angeglichen und nicht zuletzt auch die Stellen für Referendarinnen und Referendare erhöht.

Wir haben aber auch die Diskriminierung der Ein-Fach-Lehrer und der Hortnerinnen, die ein Grundschulstudium in der DDR absolvierte haben, endlich beendet. 

In der letzten Legislatur wurden durch die damals regierende CDU nicht mal halb soviel Lehrerinnen und Lehrer eingestellt. Wir haben also die Herausforderung erkannt und gehandelt und das trotz des festgeschriebenen Stellenabbaukonzeptes. Nur reichen die Einstellungszahlen noch immer nicht, um das vor Jahren heraufbeschworene Problem zu lösen. Im Moment gelingt es uns immerhin, die Zahl der Lehrerinnen und Lehrer auszugleichen, die in Ruhestand gehen. Für mich ist klar, wir werden diesen Weg weitergehen und auch in den kommenden Jahren Lehrkräfte einstellen. Das sind wir der Zukunft unseres Landes schuldig.

Und ganz nebenbei haben wir das größte Schulsanierungsprogramm angeschoben. 800 Millionen Euro Sanierungsstau haben wir vorgefunden und bereits 400 Millionen auf den Weg gebracht und auch dieses Programm werden wir weiterführen, denn zu guter Bildung gehören auch Schulen, in denen lernen und lehren Spaß macht. Insofern ist das Manöver der CDU leicht durchschaubar und es wird noch besser.

In den letzten Tagen lief mir immer wieder auf Twitter ein „Christoph v. d. Bergen“ über den Weg. Attacke hieß es bei ihm zumeist, gegen mich und gegen alle, die mit Argumenten die Arbeit der rot-rot-grünen Landesregierung erläuterten. Erst seit September 2019 war der Account aktiv, tischte immer wieder Fakenews und Halbwahrheiten auf, die viele widerlegten und plötzlich, oh Wunder, ist der Account verschwunden und manche seiner Kommentare benutzt jetzt die CDU Thüringen.

Zugegebenermaßen hätte ich nicht erwartet, dass nun ausgerechnet die CDU Thüringen es nötig hat, mit solchen Methoden zu arbeiten. Fake-Accounts im Wahlkampf, das war bisher eher der Stil anderer politischer Richtungen. Da war es selbst für mich amüsanter mich mit der Jungen Union auf Twitter auseinanderzusetzen, aber gefakte Accounts? Mir fällt dazu nur ein: „Peinlich!“

Ich hoffe, dass das nicht die Regel wird, denn in einer demokratischen Auseinandersetzung sollte man sich mit offenem Visier begegnen. Dass ich nicht dafür bekannt bin, Debatten auf Twitter auszuweichen, sollte allseits bekannt sein.

PS: 600 Mio. € will die CDU nach eigenen Angaben für die Rückerstattung der Straßenausbaubeiträge aus den letzten 30 Jahren aus den Rücklagen nehmen. Wer hat die eigentlich den Bürgern erst abgenommen und warum hat die CDU der Abschaffung der Beiträge nicht zugestimmt? Fragen über Fragen.