Dieses war der erste Streich

Die Thüringer Landesregierung hat heute im Bundesrat mit einer Enthaltung geglänzt. Man könnte auch sagen, sie war für ein Nein zu feige. Das Resultat ist, dass es aus Thüringen keinen spürbaren Widerspruch gegen das Reichtumsbeschleunigungsgesetz gibt. Damit wird die Klientel der EinflussReichen hervorragend beschert, während die Mehrwertsteuer auf Schulspeisung weiterhin 19 Prozent beträgt. Die breite Masse der Menschen hat überhaupt nichts von den heute beschlossenen „Entlastungen“.

Die Thüringer Enthaltung ist auch ein Beitrag zur rapiden Verarmung der öffentlichen Haushalte. Die freien Träger müssen jetzt diese bittere Suppe auslöffeln und einige stellen sich die Frage, wie sie im Januar ihre Mitarbeiter bezahlen sollen. Auf die Frage, wem so ein armer Staat noch nützt, muss man wohl antworten: Dem der genug Geld hat, noch daran zu verdienen. Eine rot-rot-grüne Landesregierung hätte dieses Gesetz mit Sicherheit abgelehnt und sich für ein Maßstäbeklageverfahren eingesetzt, um die Entscheidung der Bundesregierung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen.

Wer noch gedacht hatte, dass es mit schwarz-rosa zwar keinen Regierungs- aber einen Politikwechsel geben könnte, wurde heute eines besseren belehrt. Die verfehlte Politik der Althaus-Regierung wird fortgesetzt und mit einem traurigen Gesicht dem Volk als notwendig verkauft. Aber auch ein trauriges Gesicht ist nur eine optische Veränderung und keine Kurskorrektur. Dafür fehlen der Wille und der Mut zu einer anderen Politik. Insofern muss man wohl sagen, dass die heutige Entscheidung der erste Streich war und zu befürchten ist, dass weitere folgen.

Im Landtag in Erfurt gibt es heute zumindest kleine Veränderungen zum Positiven: Die CDU hat endlich ihre widerrechtliche Praxis im Umgang mit dem Thüringer Staatswappen eingestellt und verwendet es nun nicht mehr auf Briefköpfen und Webseiten. Die Partei hat wohl auch ihren Titel als Thüringenpartei abgelegt, nachdem sie festgestellt hat, dass man auch als Staatspartei nicht unbedingt Erfolg haben muss. Während der neue Innenminister Huber heute im Plenum dazu spricht, rufe ich ihm zu, er solle doch den Löwen hinter sich noch einmal genau betrachten. Der Minister dreht sich und schaut sich aber nicht das Wappen sondern die amtierende Parlamentspräsidentin Birgit Klaubert an – und das ziemlich verdutzt. Ich mache ihn drauf aufmerksam, dass er nicht Birgit Klaubert, sondern das Wappen betrachten solle, woraufhin fast das ganze Plenum in leichtes Schmunzeln verfiel – eigentlich alle bis auf Mike Mohring. Er war wohl für die Wappennutzung in der Partei verantwortlich.

Angemessen war die Aktion, die eine Kollegin von den Grünen heute unternahm. Sie brachte einen großen, mit heißer Luft gefüllten Ballon mit in den Plenarsaal und überreichte ihn dem Wirtschaftsminister Machnig. In der SPD-Fraktion fand man das irgendwie nicht so lustig, aber bei allen anderen – auch beim Koalitionspartner – war die Erheiterung spürbar. Und diesen Ballon hat sich der Minister mit seinen Auftritten in den letzten Wochen auch wirklich verdient.