Reden oder Schweigen?

Der Montag beginnt noch relativ harmlos im geschäftsführenden Landesvorstand. Ich muss mich aber mit meinen Redebeiträgen zurückhalten, weil mir ein noch wichtigerer Termin bevorsteht: Ein Zahnarztbesuch mit einem ziemlich aufwendigen Eingriff. Weil ich meine Tagebuchleser gut leiden kann, verzichte ich auf Details. Wichtig ist eigentlich nur, dass ich anschließend auch den Rest des Tages für meine Verhältnisse geradezu maulfaul bin.

Vom Zahnarzt geht es zur Baustelle unserer neuen Wohnung, wo Germana und ich einen Termin mit verschiedenen Handwerkern haben. Angesichts meiner Situation trifft es aber eher zu, dass ich die beste aller Ehefrauen zu diesem Termin begleite, sie alle Gespräche führen lasse und mein Teil sich auf fröhliche oder mürrische Blicke beschränkt. Es beschäftigt mich aber auch ein anderes, ernsthaftes Thema. Die Friedrich Ebert Stiftung hat eine Studie zu rechtsextremen Einstellungen veröffentlicht und zeigt darin, dass es vor allem in Ostdeutschland ein hohes Maß an Ausländerfeindlichkeit gibt. Man kann die Datengrundlage und die Methode der Untersuchung kritikwürdig finden – ich selbst bevorzuge auch eher die Zahlen aus dem Thüringen-Monitor, der seit Jahren regelmäßig von Experten der Uni Jena erarbeitet wird. Aber unabhängig von den genauen Zahlen lässt sich nicht wegdiskutieren, dass Fremdenfeindlichkeit weit verbreitet ist, auch unter den Anhängern der demokratischen Parteien.

Über dieses Problem müssen wir reden. Wir müssen uns klar machen, wo Vorurteile herrschen und latente Fremdenfeindlichkeit existiert, denn daraus entsteht der Nährboden für Nazis. Deswegen kritisieren wir, wenn Abgeordnete im Landtag andere Abgeordnete als „vaterlandslose Gesellen“ beschimpfen. Und wenn Flyer mit meinem Bild und der Aufschrift „Keiner von uns – keiner für uns“ hergestellt werden, dann geht das eben nicht nur gegen mich, sondern suggeriert, dass von Fremden generell eine Bedrohung ausgeht. Wir müssen Rassismus im Alltag bekämpfen, immer und immer wieder.