Nestbeschmutzer

Am Samstag war ich zum ersten Mal bei der Leipziger Buchmesse. Vielleicht hätte ich da früher schon mal hinfahren sollen, denn es war insgesamt sehr schön und mit meinem Termin dort war ich wirklich zufrieden. Als ich ein paar Einblicke in das am 8. Mai erscheinende Buch „Schreddern, Spitzeln, Staatsversagen“ über die Hintergründe des NSU-Terrors gab, war der Zuhörerbereich gut gefüllt, es standen sogar noch Leute im Gang.

Etwas gelernt habe ich bei meinem Besuch in Leipzig auch: Es gibt Menschen, die sich als Comicfiguren verkleiden und in diesen Kostümen regelmäßig zur Buchmesse kommen. Nachdem ich einige Fotos davon bei Facebook eingestellt hatte, erfuhr ich dann, dass es sich um Cosplayer handelt, die manchmal auch in Erfurt unterwegs sind.

So hat mich also die Verbindung von Offline- und Online-Welt ein Stückchen schlauer gemacht. Nur ist leider nicht alles erbaulich, was einem online so begegnet. Die DPA hatte einen kurzen Text über meinen Auftritt in Leipzig gemacht und die Thüringer Spezielle hat diesen dann für ihre Webseite übernommen.

Nun ist der Chefredakteur der Speziellen ja Herausgeber eines Journalismus-Handbuchs mit extra neu gestaltetem Teil für Online-Journalismus. Man traut ihm das nicht so richtig zu, wenn man beispielsweise sieht, dass er bei Twitter nicht einmal 50 Follower hat. Aber davon, was man ihm eigentlich zutraut, will ich hier gar nicht erst anfangen. Er selbst sieht sich jedenfalls als Experte.

Nun sollten Experten für Online-Journalismus vielleicht wissen, dass Kommentare zu Artikeln moderiert werden müssen, weil die Diskussion sonst aus dem Ruder läuft. Insbesondere wenn die Leser-Äußerungen ehrverletzend und beleidigend sind, muss der Anbieter einschreiten. Wenn nun unter dem Artikel zum NSU-Buch steht „wir brauchen in thüringen keinen ramelow, dieser nestbeschmutzer soll abhauen“, dann muss sich die Zeitung und damit deren Chefredakteur fragen lassen, ob hier die journalistische Sorgfaltspflicht nicht massiv verletzt wurde. Unter Expertentum stelle ich mir jedenfalls etwas anderes vor.